Bayerischer Pharmagipfel 2024: Für einen zukunfts- und wettbewerbsfähigen Pharmastandort
29. Juli 2024Der Bayerische Pharmagipfel – auch 2024 setzt die Bayerische Staatsregierung wichtige Impulse
Seit 2015 schon findet der Bayerische Pharmagipfel in enger Zusammenarbeit des Bayerischen Gesundheits- und des Wirtschaftsministeriums statt und hat sich als wichtige Dialogplattform der Bayerischen Staatsregierung mit der pharmazeutischen Industrie und den Verbänden etabliert. In den vergangenen Jahren wurden damit bereits wichtige Impulse – auch auf Bundesebene – gesetzt. So auch am 29.07.2024, als im Rahmen des Bayerischen Pharmagipfels Spitzen aus Politik, Verbänden und Unternehmen in der Münchner Residenz zusammenkamen.
„Oberstes Ziel ist es, die Arzneimittelversorgung der Bürgerinnen und Bürger in Bayern sicherzustellen. Dazu brauchen wir einen zukunfts- und wettbewerbsfähigen Pharmastandort Deutschland und Europa.“ betonte Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bestätigte die Bedeutung eines starken Pharmastandorts und plädierte für praktikablere Ansätze und weniger Bürokratie, um die Wirtschaftskraft der Pharmaindustrie auch künftig zu erhalten.
Die Bayerische Staatsregierung will diese Themen angehen: Staatsministerin Judith Gerlach und Staatsminister Hubert Aiwanger unterzeichneten zusammen mit den Pharmaverbänden vfa, BPI, Pharma Deutschland, Pro Generika und BIO Deutschland eine Gemeinsame Erklärung, die in sechs Handlungsfeldern zielgerichtete Maßnahmen vorschlägt und entsprechende Forderungen an Bund und EU stellt.
- Arzneimittelversorgung in Europa sichern, Pharma- und Biotechstandort stärken
- Arzneimittel-Versorgungsengpässe entschieden bekämpfen – Lieferketten und Versorgungssicherheit stärken
- Zugang zu Orphan Drugs sicherstellen
- AMNOG zukunftssicher weiterentwickeln – Fehlentwicklungen des GKV-FinStG korrigieren
- Klinische Forschung stärken
- Chancen und Potenziale von Gesundheitsdaten stärker nutzen
Nach einem eindrucksvollen Impulsvortrag des G-BA-Vorsitzenden Prof. Josef Hecken zur Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) wurden die vorgeschlagenen Maßnahmen der Gemeinsamen Erklärung in einer hochkarätigen Panel-Diskussion mit Staatsministerin Judith Gerlach, Staatsminister Hubert Aiwanger, Prof. Dr. Hagen Pfundner (Vorsitzender der Geschäftsführung der Roche Deutschland GmbH, Mitglied im Präsidium des vfa), Oliver Kirst (Geschäftsführer Servier Deutschland GmbH, Vorstandsvorsitzender BPI) sowie Thomas Weigold (Country President Sandoz Germany & CEO Hexal AG, stellvertretender Vorsitzender Pro Generika) kompetent erörtert und vertieft:
So bedürfe beispielsweise das EU-Pharmapaket, das den Standort Europa für Forschung und Entwicklung wieder attraktiver machen sollte, dringend einer Nachjustierung – denn die vorgeschlagene Kürzung des Unterlagenschutzes würde die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit stattdessen schwächen. Genauso verhalte es sich auch mit der Verkürzung der Marktexklusivität für Therapien für seltene Erkrankungen (Orphan Drugs). Gesundheitsministerin Judith Gerlach sah hierzu die Europäische Kommission in der Pflicht, das Anreizsystem für Forschung und Entwicklung weiterzuentwickeln und somit den Pharmastandort Europa zu stärken.
Auch auf Bundesebene brauche die Forschung und Entwicklung der hochinnovativen Pharma- und Biotech-Branche bessere Rahmenbedingungen, so die Experten. Zwar werde mit dem Medizinforschungsgesetz (MFG) ein erster Schritt gemacht, doch sei das noch nicht ausreichend, um alle Hürden für klinische Forschung in Deutschland und damit auch in Bayern abzubauen. Oft warte Deutschland noch auf den Abschluss der Klinikverträge und das Votum einer Ethikkommission für eine klinische Studie, die in anderen Ländern wie Frankreich oder Spanien schon lange laufe. Doch klinische Studien seien nicht nur essenziell für die erfolgreiche Entwicklung von Arzneimitteln, sondern gäben kranken Menschen auch die Chance, schon Jahre vor Zulassung einer neuen Therapie von dieser zu profitieren.
Besonders dringlich sei die Situation im Bereich Orphan Drugs. Es brauche hier Innovationsanreize und Rahmenbedingungen, die es ermöglichten, die hohen wirtschaftlichen Risiken bei gleichzeitig sehr kleinen Patientenpopulationen gut auszubalancieren – um somit schlussendlich Menschen, die oft keine Alternativen hätten, eine Perspektive zu bieten. Auch in diesem Zusammenhang wurde wiederholt auf die Fehlentwicklungen des AMNOG hingewiesen.
Denn das AMNOG sei in seiner jetzigen Form nicht zukunftsfähig. Im Einklang mit Prof. Heckens Forderung nach einem flexibleren AMNOG plädierte das Expertenpanel für die Weiterentwicklung des AMNOG sowie für die Korrektur erkannter Fehler und für die Umgestaltung hin zu einer Bewertungs- und Preisfindungssystematik, die mit den Innovationen in der Arzneimittelentwicklung Schritt halten könne. In diesem Zusammenhang sollten u.a. die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) eingeführten Leitplanken zurückgenommen und der Kombinationsrabatt gestrichen werden.
Anreize müssten zudem auch im Bereich der Generika geschaffen werden, um den in den letzten Jahren immer häufigeren Lieferengpässen entgegenzuwirken und die Arzneimittelversorgung zu verbessern: Neben einer Weiterentwicklung des Rabattvertragssystems brauche es ein neues Anreizsystem, das sich stärker am Lebenszyklus und dem Versorgungsstatus eines Arzneimittels ausrichte – um somit die Verfügbarkeit generischer Arzneimittel in Bayern und Deutschland sicherzustellen.
Nicht zuletzt wies das Panel sowohl mit Blick auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten als auch hinsichtlich Forschung, Entwicklung und Innovation auf die Bedeutung der zielgerichteten und effizienten Nutzung von Gesundheitsdaten hin. Interoperable Strukturen innerhalb eines geeigneten rechtlichen Rahmens seien hier wichtig: Denn es ginge schlussendlich darum, Daten zu nutzen, um Menschen zu schützen.
Download der Gemeinsamen Erklärung und des Executive Summary
Video zum Bayerischen Pharmagipfel 2024
Bildergalerie
Bildquelle: Foto Winkler/Pharmainitiative Bayern